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Rechtsanwalt und Strafverteidiger
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Wer in strafrechtlichen Verfahren noch unerfahren ist, stellt sich einen Strafprozess regelmäßig in einem Gerichtssaal vor. Auf der einen Seite sitzt der Staatsanwalt, der die Vorwürfe mit erhobenem Zeigefinger vehement geltend macht, sodass sein Echo durch den gesamten Saal schallt. Ihm gegenüber hat der Angeklagte in sich zusammengekauert seinen Platz eingenommen, der sich wahrscheinlich wünschen wird, dass dieser Tag endlich ein Ende findet. Neben ihm sitzt ein smarter Strafverteidiger, der mit allen rechtlichen Mitteln versucht zu retten, was irgendwie zu retten ist.
Am Kopf der „Tafel“ thront der Richter, der den Angeklagten unentwegt mit seinem bitterbösen Blick anvisiert. Und plötzlich stürmt in letzter Sekunde noch der entscheidende Zeuge die Räumlichkeiten, um alles aufzuklären. Solche oder vergleichbare Situationen werden uns insbesondere von den Medien in den zahlreichen Gerichtsshows präsentiert. Die Realität sieht anders aus.
Fakt 1: Eine Gerichtsshow ist Unterhaltungsprogramm, der Strafprozess bittere Realität!
Jeden Tag muss deutschlandweit eine Vielzahl von Strafverfahren abgearbeitet werden. Damit Gerichte und Ermittlungsbehörden entlastet werden, hat der Gesetzgeber das sogenannte Strafbefehlsverfahren erfunden. Es handelt sich - vereinfacht ausgedrückt - um ein abgekürztes Strafverfahren.
Wer plötzlich einen Strafbefehl in seinen Händen hält, ist sich der Bedeutung oftmals gar nicht bewusst. Immerhin wurde bislang noch immer kein Termin für die mündliche Hauptverhandlung mitgeteilt. Warum dauert das eigentlich so lange? Trotzdem wird der Betroffene in dem Schreiben schon aufgefordert, einen Geldbetrag X zu leisten.
Was vielen – vor allem unerfahrenen - Adressaten entgeht: Sie halten gewissermaßen das Urteil schon in Ihrer Hand! Die zu zahlende Summe X hat mit Vorkasse für das erwartete Strafverfahren nichts zu tun, sondern regelt bereits das Strafmaß in dem konkreten Verfahren (sogar Freiheitsstrafen sind möglich). Die Verurteilung ist allerdings mit der Zustellung noch nicht rechtskräftig. Das muss der Betroffene wissen.
Wird ein Strafbefehl erlassen, ist eine mündliche Hauptverhandlung zunächst nicht mehr vorgesehen. Insbesondere kleinere Vergehen sollen dadurch schneller entschieden werden. Dasselbe gilt für Verfahren, die nach Ansicht von Staatsanwaltschaft und Gericht aufgrund der Aktenlage eindeutig scheinen. Arbeitsentlastung der Justiz auf Kosten der Gerechtigkeit?
Fakt 2: Der Strafbefehl soll das Verfahren am Schreibtisch regulieren, persönliche Vorstellung des Beschuldigten nicht vorgesehen.
Nach einer mündlichen Hauptverhandlung darf der Angeklagte nur verurteilt werden, wenn das Gericht zweifelsfrei von der Schuld überzeugt ist. Bei einem Strafbefehl wird der Betroffene aber gar nicht vom Richter gehört. Der Richter wird sich auch nicht die Mühe machen, den Angeklagten zu besuchen, um ihn persönlich zum Tatvorwurf zu befragen. Der Unterschied zur mündlichen Verhandlung besteht darin, dass schon hinreichender Tatverdacht für einen Strafbefehl ausreicht.
Fakt 3: Hinreichender Tatverdacht reicht für den Strafbefehl schon aus = Aufgrund der Beweislage ist eine spätere Verurteilung wahrscheinlicher als ein Freispruch.
Da in der Regel weder Staatsanwalt noch Richter zur Tatzeit am Tatort gewesen sind, werden die Beweise am Schreibtisch gesichtet und rechtlich bewertet. Das Vorgehen birgt verständlicherweise ein Risiko, weil schon Fehler in der Sachverhaltsdarstellung durchaus möglich sind, von rechtlichen ganz zu schweigen.
Im ungünstigen Fall ähnelt das Ergebnis einer bekannten Erfahrung aus dem Spiel „Stille Post“. Niedergeschriebener Sachverhalt und Realität haben gar nichts miteinander zu tun. In jedem Fall sollte auch die rechtliche Würdigung ganz genau unter die Lupe genommen werden.
Der Strafbefehl muss dem Adressaten persönlich zugestellt werden. Die Zustellung, die mit Datum und Unterschrift des Empfängers festgehalten wird, hat eine wichtige Funktion. Der Angeklagte hat das Recht, innerhalb einer Frist von zwei Wochen Einspruch gegen den Strafbefehl zu erklären, § 410 Absatz 1 StPO. Die Frist beginnt mit der Zustellung.
Fakt 4: Für den Einspruch gegen den Strafbefehl bleibt nicht viel Zeit!
Betroffene haben mehrere Möglichkeiten, um rechtswirksam Einspruch gegen den Strafbefehl einzulegen. Sie können ihn entweder schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einlegen. Selbstverständlich kann der Betroffene auch einen Rechtsanwalt mit der fristgerechten Wahrnehmung beauftragen. In jedem Fall bedarf der Einspruch gegen den Strafbefehl keiner Begründung. Je nach Fallkonstellation sollte von diesem Recht auch umfassend Gebrauch gemacht werden.
Der Einspruch gegen den Strafbefehl kann auch beschränkt werden. Das ist ratsam, wenn die Tat als solche vom Betroffenen gar nicht abgestritten wird, er sich aber durch das Strafmaß ungerecht behandelt fühlt. Immerhin sind 10.000,00 € Geldstrafe für einen Minijobber, der zudem Ersttäter ist, ziemlich happig. Staatsanwaltschaft und Gericht kennen die finanzielle Situation des Betroffenen häufig nicht. Die Einkommensverhältnisse werden am Schreibtisch geschätzt. Eine Geldstrafe setzt sich aus der Anzahl der Tagessätze und der Tagessatzhöhe zusammen.
Fakt 5: Geldstrafe = Anzahl der Tagessätze * Tagessatzhöhe
Für die Anzahl der Tagessätze ist vor allem die Schuld des Angeklagten maßgeblich (Schwere der Tat, Umstände der Tat etc.). Außerdem sollte berücksichtigt werden, ob es sich um einen Erst- oder Wiederholungstäter handelt. Ob die Anzahl der Tagessätze, die unabhängig von den wirtschaftlichen Verhältnissen bestimmt wird, einen Einspruch rechtfertigt, muss im Einzelfall geprüft werden. Es bedarf jedenfalls einer sehr guten Begründung, wenn das Rechtsmittel darauf beschränkt werden soll.
Ich rate spätestens zu anwaltlicher Prüfung, wenn mehr als 90 Tagessätze oder mehr als 3 Monate Freiheitsstrafe bestimmt worden sind. Sobald diese Grenze nämlich von einem Ersttäter überschritten wird, gilt der Betroffene nach deutschem Recht als vorbestraft. Ein entsprechender Eintrag wird dann im Führungszeugnis mit allen denkbaren Konsequenzen sichtbar.
Die konkrete Tagessatzhöhe ist von den persönlichen sowie wirtschaftlichen Verhältnissen abhängig, § 40 Absatz 2 Satz 1 StGB. Ausgangspunkt ist das monatliche Nettoentgelt, das dem Täter zur Verfügung steht. Dieses ist durch 30 zu teilen, um einen einzelnen Tagessatz zu berechnen.
Beispiel: Liegt das monatliche Nettoeinkommen bei 900,00 €, beträgt die Tagessatzhöhe 30,00 €.
Multipliziert mit der Anzahl der Tagessätze kann die Strafe durchaus höher sein als das Monatseinkommen. Es ist aber meistens möglich, die Strafe auf Antrag in Raten abzuzahlen oder Ersatzarbeit zu leisten. Sogar Ersatzhaft ist eine denkbare Alternative.
Beispiel: Der Täter hat ein monatliches Nettoeinkommen von 900,00 €. Der Tagessatz wird auf 30,00 € festgelegt. Verurteilt wird er zu 50 Tagessätzen. Die Gesamtgeldstrafe beträgt somit 50,00 * 30,00 € = 1.500,00 €.
Hat der Angeklagte gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt, prüft das Gericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen. Wurde der Einspruch nicht form- und fristgerecht erhoben, wird das Rechtsmittel regelmäßig durch das Gericht verworfen. Daher sollte der Betroffene unbedingt rechtzeitig handeln, es läuft eine nicht verhandelbare Einspruchsfrist nach Zustellung! Ist der Einspruch hingegen zulässig, terminiert das Gericht grundsätzlich eine mündliche Verhandlung.
Ein Vorteil der anwaltlichen Vertretung im Strafverfahren nach Strafbefehl besteht darin, dass der Angeklagte sich in der Verhandlung durch diesen vertreten lassen kann. Das ist im regulären Strafverfahren nicht möglich. Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen des Angeklagten ausdrücklich angeordnet hat. Die Anordnung kann sogar zwangsweise durchgesetzt werden.
Ist der Angeklagte nicht anwaltlich vertreten, und erscheint er zum Hauptverhandlungstermin nicht, wird der Einspruch durch Urteil verworfen. Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts sind Berufung oder Revision.
Bevor Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt wird, sollten Betroffene eines bedenken: Das Gericht ist in der mündlichen Hauptverhandlung nicht an die Wirkung des Strafbefehls gebunden! Das bezieht sich einerseits auf die Rechtsfolgen, also auf die konkrete Strafe, die von der Staatsanwaltschaft beantragt worden ist. Andererseits, und das stellt in manchen Fällen ein großes Risiko dar, existiert kein Verschlechterungsverbot.
Das bedeutet, dass der Angeklagte nach der mündlichen Hauptverhandlung wegen einer ganz anderen Tat zu einer viel höheren Strafe verurteilt werden könnte. Das entscheidende Gericht ist dabei lediglich an Formalien gebunden. Ergeht ein richterlicher Hinweis, dass auch eine Bestrafung wegen einer anderen Tat möglich ist, könnte das Eis für den Betroffenen dünn werden. Außerdem muss der Angeklagte nach erfolgloser Hauptverhandlung mit weiteren Kosten rechnen. Das Strafgericht arbeitet nicht umsonst!
Fakt 6: Es gibt kein Verschlechterungsverbot nach Einspruch gegen Strafbefehl!
Die zentrale Aufgabe des Strafverteidigers besteht darin, die Erfolgsaussichten eines Einspruchs gegen den Strafbefehl zu prüfen. Ohne Akteneinsicht ist es aber denkbar schwierig, eine fundierte und überzeugende Begründung für den Einspruch gegen den Strafbefehl anzubieten.
Daher lege ich für den Betroffenen nach Zustellung des Strafbefehls Einspruch ein, und beantrage zugleich Akteneinsicht.
Achtung: Gemäß § 411 Absatz 3 StPO kann der Einspruch bis zum Ende der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werden. Sofern die mündliche Verhandlung bereits begonnen hat, bedarf es zur Rücknahme des Einspruchs gegen den Strafbefehl allerdings der Zustimmung der Staatsanwaltschaft.
Nur auf Grundlage der Akte kann der Sachverhalt im Sinne des Betroffenen lückenlos hinterfragt werden. Der Betroffene erwartet berechtigterweise eine ehrliche Einschätzung zu den Erfolgsaussichten. Immerhin weiß er, dass nach einem Einspruch das Verschlechterungsverbot nicht gilt. Eine sorgfältige Begründung setzt daher immer eine intensive Auseinandersetzung in der Sache voraus.
Staatsanwaltschaft und Gericht sind schon hinreichend davon überzeugt, dass der Betroffene tatsächlich Täter der ihm vorgeworfenen Tat(en) ist. Ansonsten wäre ihm der Strafbefehl nicht zugestellt worden.
Als Strafverteidiger und Anwalt für Strafrecht berate und vertrete ich Menschen bei ihrem Strafbefehlsverfahren. Ich nehme Akteneinsicht, würdige den Sachverhalt aus tatsächlicher sowie rechtlicher Sicht, stelle die Erfolgsaussichten verständlich dar und verteidige den Betroffenen in dem gerichtlichen Verfahren.
Gemeinsam kämpfen wir für Ihr Recht! Bleiben Sie bitte gesund!