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Seit dem 28.04.2020 gilt in Deutschland ein neuer Bußgeldkatalog. Die Folge sind massive Verschärfungen bei den Rechtsfolgen. Seither wurden bereits in einer Vielzahl von Verfahren munter Punkte verteilt, Fahrverbote ausgesprochen und hohe Bußgelder verhängt. Nach teilweise heftiger Kritik an der StVO-Novelle stellte der Verkehrsminister des Bundes, Herr Andreas Scheuer (CSU), plötzlich Lockerungen in Aussicht. Ein Freund der Autofahrer, möchte der interessierte Beobachter meinen.
Der Grund könnte allerdings ein ganz anderer sein. Es stellt sich nämlich die Frage, ob die neue Verordnung aufgrund eines Verstoßes gegen das Zitiergebot nach Art. 80 GG ohnehin unwirksam ist.
An dieser Entwicklung wird einmal mehr deutlich, weshalb in jedem Strafverfahren oder Bußgeldverfahren nur angeraten werden kann, den Vorwurf einer anwaltlichen Prüfung zu unterziehen. Als Anwalt für Strafrecht und Anwalt für Verkehrsrecht stehe ich Betroffenen auch bei einer Ordnungswidrigkeit mit entschlossenem Einsatz zur Seite. Vorwürfe und drohende Sanktionen sollten nicht kommentarlos hingenommen werden.
Kehren wir aber zurück zum Ausgangspunkt. Werden neue Gesetze oder Verordnungen erlassen, müssen zwingend die formellen Voraussetzungen eingehalten werden. Bei Verordnungen ist daher insbesondere auch darauf zu achten, dass die korrekte Form beachtet wird.
Jede neue Verordnung muss auf einer Ermächtigungsgrundlage basieren. Das alleine reicht allerdings nicht aus. Vielmehr muss, damit eindeutig erkennbar wird, dass der Verordnungsgeber die Grundlage seiner Handlung erkannt hat, die konkrete Ermächtigungsgrundlage richtig und vollständig zitiert werden. Diese stark abgekürzte Darstellung umschreibt das sogenannte Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 S.3 GG.
Wird die Form allerdings nicht eingehalten, gerät die Wirksamkeit der Verordnung ins Wanken. Und genau diese Problematik könnte der StVO-Novelle zum Verhängnis werden. Bei einem Verstoß gegen das Zitiergebot ist die Verordnung nichtig. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit jedenfalls keine Gnade gezeigt (BVerfGE 20, 283 (292), NJW 1999, 3253 (3256). Jeder Bußgeldbescheid sollte daher auf den Prüfstand gestellt werden.
Ich möchte es Ihnen ersparen, sich mit den Einzelheiten zu beschäftigen. Die spannende Frage dürfte doch sein, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, und wie dem Betroffenen bestmöglich geholfen werden kann.
Gleichwohl möchte ich den vermeintlichen Stolperstein der Novelle kurz skizzieren. Auf dieser Grundlage sollten einschlägige Verfahren aufgebaut werden. In der Präambel zu der 54. ÄnderungsVO, die vorliegend die StVO-Novelle betrifft, werden unter dem dritten Spiegelstrich zwar § 26a Abs.1 Nummer 1 und Nummer 2 StVG (= die Ermächtigungsgrundlage) zitiert. Es fehlt allerdings schlichtweg die Zitierung der Nummer 3 (die Anordnung des Fahrverbots nach § 25.). Es handelt sich wahrscheinlich um ein redaktionelles Versehen, das jedoch erhebliche Auswirkungen haben könnte.
Da durch den neuen Bußgeldkatalog nämlich auch Regelfahrverbote geändert bzw. neu eingeführt worden sind, hätte nach meiner Ansicht auch § 26a Abs.1 Nummer 3 StVG zwingend zitiert werden müssen. Das ist allerdings nicht geschehen, sodass die Rechtmäßigkeit der Verordnung dringend überprüft werden muss.
Dem Betroffenen, der auf Grundlage des neuen Bußgeldkataloges sanktioniert werden soll, kann nur empfohlen werden, gegen die Entscheidung Einspruch einzulegen. Spannend wird die Beantwortung der Frage sein, ob die Neuregelungen lediglich hinsichtlich der neuen oder geänderten Fahrverboten nichtig ist. Immerhin wurden § 26a Abs.1 Nummer 1 und Nummer 2 StVG formrichtig zitiert.
Die endgültige Entscheidung bleibt noch abzuwarten. Allerdings dürfte nach meiner Ansicht eine „Teilnichtigkeit“ nur schwer zu begründen sein. Die Folge wäre nämlich eine massive Rechtsunsicherheit, wenn andere Teile der Verordnung doch wirksam sein sollen. Wie soll eine solche Differenzierung vorgenommen werden? Der Bürger muss allerdings vorher wissen, für welche Tat er überhaupt wie sanktioniert werden kann. Eine vergleichbare Regelung ist der Verfassung in Art. 103 Abs.2 GG zu entnehmen.
Sie haben auf Grundlage der StVO-Novelle einen Bußgeldbescheid erhalten und fragen sich, wie Sie weiter vorgehen sollen? Es könnte noch einige Zeit vergehen, bis die Frage der Wirksamkeit gerichtlich entschieden worden ist. Der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist allerdings an eine zwingend einzuhaltende Frist gebunden.
Daher sollte unbedingt von vornherein anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden. Als Anwalt für Strafrecht und Anwalt für Verkehrsrecht werde ich den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid gegenüber der Behörde jedenfalls auch mit der Nichtigkeit der Verordnung begründen. Ob und wie der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid darüber hinaus begründbar ist, hängt letztendlich vom Einzelfall ab. Spätestens bei drohenden Punkten und drohendem Fahrverbot sollte der Anwalt für Verkehrsrecht aufgesucht werden.
Hilft die Bußgeldstelle dem Einspruch nicht ab, wird sie das Verfahren an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Von dort findet die Akte zum zuständigen Gericht. An dieser Stelle werde ich mich wiederum mit Nachdruck für Sie und Ihre Rechte einsetzen. Die Unwirksamkeit des neuen Bußgeldbescheides wird dann mit dem Amtsgericht zu diskutieren sein.
Möchte das Amtsgericht dem Einspruch nicht folgen, wird sicherlich eine Verurteilung erfolgen. Diese sollte allerdings nicht hingenommen, sondern unbedingt mit dem zulässigen Rechtsmittel angegriffen werden.
Solange über die Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht höchstrichterlich entschieden worden ist, trägt der Betroffene natürlich das Verfahrensrisiko. Und dazu zählen insbesondere auch finanzielle Risiken, die sich nur im Einzelfall darstellen lassen. Dieses Risiko sowie Ihren Mut und Ihre Entschlossenheit werde ich mit leidenschaftlichem Einsatz honorieren. Gemeinsam kämpfen wir akribisch und standhaft für Ihr Recht!
Wenn Sie den Mut haben, sich gegen den Bußgeldbescheid zur Wehr zu setzen, stehe ich felsenfest an Ihrer Seite. Bleiben Sie bitte gesund